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Zum Nachdenken
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Hier finden Sie interessante Artikel zu aktuellen Themen in den Bereichen "Sanitär-Heizung-Klima die zum Nachdenken anregen sollen ...
Artikel aus der IKZ-Haustechnik Zeitschrift:
Die Wärmepumpe ist ein Irrweg
Interview mit Dr. Johannes R. Gerstner über die zukünftigen Beheizungsoptionen für Gebäude
Die Ampel-Koalition in Berlin möchte nur noch eine Art von Wärmeerzeuger in den Gebäuden zulassen: die Wärmepumpe. So jedenfalls kann man den Eindruck gewinnen, wenn man sich die geplanten Vorhaben und Vorgaben für die nächsten Jahre anschaut. Der Verband Kunststoff-Abgasanlagen (VKA) mit Sitz in Hof (Bayern) hält das für falsch.
Wir sprachen mit dem politischen Berater des VKA, Dr. Johannes R. Gerstner, der die Position des Verbands in einem Interview mit Detlev Knecht begründet.
IKZ-HAUSTECHNIK: Bei den Wärmeerzeugern für Gebäude kennt die Bundesregierung derzeit nur eine Art und eine Zielrichtung: die Wärmepumpe. Sie halten das für falsch. Warum?
Dr. Johannes R. Gerstner: Die Wärmepumpe an sich ist eine spannende Technologie, die für viele Probleme eine Lösung bringt. Die alleinige Konzentration der Politik auf die Wärmepumpe allerdings halten wir für hochproblematisch. Warum? Ökologisch gesehen ist die Wärmepumpe nur ein Gewinn, wenn sie mit grünem Strom gespeist wird. Aktuell ist bis auf Jahre nicht abzusehen, wo dieser herkommen soll. Im Moment ist es ja so, dass jeder Wärmepumpenbesitzer zeitweise ein kleines Kohlekraftwerk im Garten stehen hat. Auch ist es natürlich nicht nachhaltig, hocheffiziente vorhandene Technologien nicht über ihren gesamten Lebenszyklus zu nutzen. Jeder, der mit viel Geld ein hocheffizientes Brennwertgerät installiert hat, sollte dies auch benutzen dürfen. Es ist völlig absurd, diese Ressourcen in einem ökologisch-rationalem Energiemix nicht einzusetzen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Schaut man sich die Berechnungen der Wärmepumpenhersteller an, schneiden Wärmepumpen energetisch besser ab als Brennwertgeräte. Mit anderen Worten: Effizient sind die heutigen Wärmepumpen schon.
Dr. Johannes R. Gerstner: Natürlich. Wo es passt, sind sie die beste Lösung. Aber oft passt es eben nicht. Es ist absolut unrealistisch, auch angesichts der wirtschaftlich angespannten Lage, der gestiegenen Baukosten und der immer höheren Bauzinsen, dass wir in den kommenden Monaten und Jahren auf den gewünschten Sanierungsgrad kommen. Im soliden aber energetisch nicht ganz aktuell sanierten Bestand kann man eine Wärmepumpe nur unter engen Voraussetzungen sinnvoll einsetzen. Besser ist es, dort vorhandene gute Technologien zu verwenden. Ich sehe nicht, dass eine Wärmepumpe in einem Bestandshaus, etwa aus den 1960ern, in klimatisch kälteren Regionen wie dem Erzgebirge, Sauerland, Frankenwald oder der Rhön ökologisch und ökonomisch bessere Ergebnisse erzielt als eine bereits vorhandene solide Wärmelösung. Die ja oft auch mit einer zusätzlichen Einzelraumfeuerung mit Scheitholz kombiniert wird, was ebenfalls im ländlichen Raum ökologisch sinnvoll ist. In einem Niedrigenergiehaus in Ostwestfalen sieht das schon wieder ganz anders aus.
IKZ-HAUSTECHNIK: Sie empfehlen, so steht es in einem aktuellen Statement Ihres Verbands, vorhandene Gasgeräte mit Wärmepumpen zu kombinieren.
Dr. Johannes R. Gerstner: Es liegt auf der Hand. Jede Technologie hat Vor- und Nachteile. Physikalisch wie ideologisch. Wir plädieren dafür, neben der ideologisch-politisierten Seite auch die Physik zu Rate zu ziehen. In wärmeren Monaten habe ich gute Alternativen, meinen Bedarf zu decken. Ich kann etwa Solarthermie nutzen oder auch effizient mit einer kompakten Wärmepumpe auskommen. Das Problem entsteht ja erst in den kalten Monaten, in denen Wärmepumpen stark beansprucht werden und erneuerbare Energie extrem knapp wird. Warum nicht dann die vorhandene Brennwertherme einsetzen, um in einem Gesamtsystem die ökologisch sinnvollste Wärme zu erzielen? Zusammengefasst also gesagt: Wärmepumpen und Solarthermie dann, wenn sie ideal funktioniert, effiziente Brennwerttechnologie, um sie in Zeiten hoher Beanspruchung zu entlasten. Wenn ich dann noch mit einem Holzofen in den ganz kalten Tagen zuheize, habe ich das ökologisch ideale System.
IKZ-HAUSTECHNIK: Die WärmepumpenLobby räumt ein, dass Wärmepumpen tatsächlich im Winter nicht besonders effizient arbeiten. Aber über das Jahr gesehen seien sie unschlagbar hinsichtlich der Gesamteffizienz.
Dr. Johannes R. Gerstner: Das sehe ich genauso. Und dieses Problem lösen wir in einem sinnvollen Gesamtsystem mit den in vielen Bestandshäusern bereits vorhandenen Brennwertgeräten. So erzielen wir noch bessere Effizienzwerte insgesamt und entlasten die Politik von der unangenehmen Frage, woher denn der grüne Strom in den Hauptlastzeiten im Winter kommen soll.
IKZ-HAUSTECHNIK: Vergleichen wir die CO2-Emissionen, die mitverantwortlich sind für die Erderwärmung: Beim Verbrennen von Gas oder Öl entsteht immer CO2, bei der Verwendung von PV-Strom oder klimaneutral erzeugtem Strom für die Elektrowärmepumpe nicht. Das spricht gegen eine hybride Wärmeerzeugung.
Dr. Johannes R. Gerstner: Das stimmt. Nur steht der klimaneutrale Strom im Winter eben nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Und dann heize ich auch mit der effizientesten Wärmepumpe mit Atomenergie, Kohle und Gas.
Der gelernte Journalist Dr. Johannes R. Gerstner
berät einige Verbände aus der Energiebranche
zu strategischen und politischen Fragen.
Im Übrigen: durch die Erzeugung in Kraftwerken auch nicht besonders effizient.
IKZ-HAUSTECHNIK: Demnächst - es gibt noch kein konkretes Datum - sollen Gebäude zu mindestens 65% über Erneuer-bare Energien beheizt werden. Wird diese Vorgabe mit einer hybriden Wärmeerzeugung erfüllt?
Dr. Johannes R. Gerstner: Ein klares Ja. Wir müssen uns endlich von politischideologisierten Scheinantworten lösen und physikalisch sinnvolle Antworten auf die große Herausforderung des Klimawandels geben. Wie wir alle wissen:
Wir haben keinen Planeten B.
Inhalt und Bild mit freundlicher Genehmigung der IKZ.de Gebäude- und Energietechnik